Die Geschichte einer Legende

128 Jahre Teutonia!


Es war einmal ein deutscher Professor für mittelalterliche Geschichte, sein Name war Gustav Schnürer. Umworben von Caspar Decurtins entschloss er sich, seine Heimat zu verlassen und dem Rufe der Schweiz zu folgen, dem Rufe einer neuen Universität in der Kleinstadt Fribourg.

Der Zufall lässt den engagierten Professor für die „Academia” den Artikel „Aux bords de la libre Sarine” schreiben und in ihm die Idee wachsen, an einer schweizerischen, katholischen und internationalen Universität eine Verbindung des deutschen Cartellverbandes CV zu gründen.

Hatte am 04.November 1889 die Universität Freiburg ihren Vorlesungsbetrieb aufgenommen, wird genau ein Jahr später die Vision des Gustav Schnürer Wirklichkeit. In der Brasserie Pfanner in der Grand Rue 36 gründet er am 04.11.1890 die Katholische Deutsche Studentenverbindung. Teutonia.

Die erste Aktivitas besteht zu diesem Zeitpunkt aus sechs Aktiven, ihr Namen „Teutonia”, gewidmet dem Ort, an dem sich deutsche und französische Kulturkreise schneiden, lässt den Ursprung ihrer Mitglieder nicht vergessen. Und so werden auch anfänglich nur deutsche Studenten in die Verbindung aufgenommen.

Edle Spender und Freunde des studentischen Treibens machen das Lebens als Teutone schnell perfekt. Nicht nur Couleurartikel wie ein noch heute erhaltenes Fahnenband sowie Schläger bringen Teutonia auf den richtigen Weg.

Von der stetigen Entwicklung und wachsenden Mitgliederzahl angetrieben strebt die Verbindung im Jahre 1891 die Aufnahme in den CV an. Dies gelingt auch, zunächst als freie Vereinigung, an der Cartellversammlung in Mainz am 20.August 1893 dann als 19. vollberechtigte Mitglied des CV (heute ist Teutonia Nummer 16). Schon vier Jahre später wird Teutonia die ersten Schweizer in die Teutonia aufnehmen.

Doch schon bald erschüttert eine erste schwere Krise das Verbindungsleben. Anlass ist die „Professorenkrisis” im Wintersemester 1897/98, ausgelöst durch einen französischen Professor, der bei einem Toast auf den deutschen Kaiser sein Glas umgestossen hatte. Für acht deutsche Professoren ein nicht zu schlichtender Affront - sie treten aus der Universität aus. Obgleich Teutonia selbst bei der Generalversammlung der Studentenschaft neutral bleibt - unter ihnen sind Professoren beider Lager - geben vier Professoren das Teutonenband zurück. Damit nicht genug - Preussen beginnt mit einem reichsdeutschen Boykott gegen die Universität Fribourg. In den folgenden Jahren finden nur noch wenige Studenten den Weg nach Fribourg und somit den Weg zur Teutonia.

Der Tiefpunkt kommt 1914. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zerschlägt das Verbindungsleben in Fribourg. Am 01.November 1914 wird dem CV kein Ortsanwesender mehr gemeldet. Viele Bundesbrüder gehen zum Militär, die Schweiz schliesst ihre Grenzen. „Wir Deutsche und österreicher hatten damals gallenbittere Jahre in Freiburg erleben müssen - aber die Universität blieb unversehrt.” Die überwindung des Völkerhasses legte den Grundstein für die Zukunft Teutoniae.

Im Jahre 1921 feiert die Aktivitas der Teutonia ihre Wiedergeburt. Und doch herrschen Unruhen, wohin man auch blickt. Selbst der eigene Verband scheint gegen die Verbindung zu arbeiten und schlägt vor, die Verbindung Teutonia in das erzkatholische Rheinland einzugliedern. Zum einen, weil sich die Universität gerade erst neu gegründet hatte, zum anderen, um die Chance auf eine erfolgreiche Mitgestaltung des universitären Lebens zu nutzen.

Dass Teutonia sich dennoch in Fribourg hält und dort wieder heimisch wird, liegt nicht zuletzt am Einsatz von Cbr. J. Brunner der K.D.St.V. Eckart, der im Sommersemester 1920 in Fribourg studiert und sich im folgenden für Teutonia einsetzt. Schliesslich wird auch der Bann der preussischen Regierung gegen die Universität aufgehoben und das Verbindungsleben kann wieder voll aufgenommen werden.

Hatten die Teutonen sich gerade wieder gefunden in ihrer alten Heimat, bricht die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 über die Menschen herein, und erneut finden immer kaum noch Studenten den Weg nach Fribourg. Zwar können sich die Teutonen über Wasser halten, doch mit dem Zusammenbruch der Weimarer Republik kommen Anhänger des Nationalsozialismus nach Fribourg. Immer mehr Deutsche können sich mit dem neuen Gedanken Hitlers anfreunden, die „Kehrseite der Medaille” will niemand erkennen. Und doch halten die letzten Teutonen beharrlich ihren Kurs bei und weigern sich, nur noch Reichsdeutsche aufzunehmen. Als jedoch 1938 zwanzig Reichdeutsche der Teutonia zugewiesen werden sollen, beruft Philistersenior Prof. Kraus einen AHC ein, der die Aktivitas auf unbestimmte Zeit sistiert. Das Hab und Gut der Verbindung nimmt das Kantonsarchiv in Obhut. Während des Krieges werden zwei Teutonen Opfer der NS-Gewaltherrschaft, elf weitere fallen im Krieg. Populärster Teutone, der durch das NS-Regime verfolgt wird, ist Pater Rupert Mayer sj..

Der Krieg, das Grauen des NS-Regimes ist vorbei. Doch die Welt steht noch unter Schock, auch Teutonia braucht zwei Jahre, bis 1947 erste Kontakte innerhalb der Altherrenschaft wieder aufleben. Besonders dank Dr. Anton Klein kann sich Teutonia am 29.09.1947 in Königswinter wiederbegründen. Die verbliebenen Alten Herren wenden alle Kraft auf, auch die Aktivitas in Fribourg wieder neu zu gründen. Diesem Vorhaben stimmt der CV in der britischen sowie amerikanischen Zone am 13.08.1948 zu.

Am 10.05.1950 tragen die Unternehmungen nach dem Krieg ihre ersten Früchte. An der Semesterantrittskneipe wird die Aktivitas mit ihrer Chargenwahl wiederbegründet. Die Anschrift lautet wieder „Brasserie Viennoise”.

Doch Gut Ding braucht Weile. Der lang ersehnte Neuanfang kommt nur langsam voran. Doch die Verbundenheit der Teutonia mit dem Schweizerischen Studentenverein und der Universität bringen das Leben in Fribourg mit den Einheimischen wieder in Ordnung, die blauen Mützen gehören wieder zum Stadtbild. Bald aber gehört das Couleurtragen in der öffentlichkeit nicht mehr zur Selbstverständlichkeit. Im Sommersemester 1968 wird der Beschluss gefasst, Couleur nur noch an offiziellen Anlässen getragen.

1970 vollzieht sich auch ein räumlicher Umzug. Nach langer Suche finden die Teutonen im mittelalterlichen „Techtermannhaus” in der Rue de Zaehringen 96 ein neues Zuhause und weihen die „Teutonenetage” anlässlich des 80.Stiftungsfestes ein. Doch steigende Mietkosten nach einer Renovierung vertreiben die Teutonen schon 10 Jahre später wieder.

Teutonia sucht ein neues Zuhause - und wird fündig. Abgelegen, ungestört und romantisch im Galterntal gelegen, eine alte Schmiede im Galtertal 99, Tafers soll es sein. Die 1780 erbaute und denkmalgeschützte Schmiede, zuletzt als Club mit „Übernachtungsmöglichkeit” genutzt, überzeugt alle in Raum, Grundstück und Lage so schnell, dass Teutonia diese am 25.06.1980 durch notarielle Beglaubigung erwirbt. Nach Renovierungs- und Umbauarbeiten kann auf dem 91.Stiftungsfest im Sommer 1981 unter Philistersenior Dr. Wolfgang Müller das Teutonenhaus endlich eingeweiht werden.

Neun Jahre später hat Teutonia runden Geburtstag. über Pfingsten feiern unter Philistersenior Dr. Klaus J. Rudhardt Jung und Alt das 100.Stiftungsfest. Die Aktivitas hat durch gute Keilarbeit einen hoffnungsweckenden Nachwuchs angeworben und präsentiert sich pünktlich zu ihrem 100jährigen Bestehen in einer lang nicht da gewesener Blüte.

Heute, über 124 Jahre nach Gründung der Verbindung durch Gustav Schnürer, ist auch Teutonia im 21.Jahrhundert angekommen. Längst zeigen die Aktiven vor Ort in einer aussergewöhnlichen Gemeinschaft, was es heisst, den Prinzipien religio, patria, scientia aber vor allem amicitia zu folgen. In einem engen Freundschaftsbund lebend zeigen sie Weltoffenheit, versuchen gemeinsam ihren Glauben zu vertiefen und in ihrer zweiten Heimat, der Schweiz, Freundschaften fürs Leben zu knüpfen. Das Stiftungsfest 2010 zum 120-jährigen Bestehen und 30-jährigen Leben im Teutonenhaus hat dies eindrucksvoll bewiesen. Teutonia - vivat, crescat, floreat in aeternum!

Nur wer seine Geschichte kennt kann in eine glorreiche Zukunft schreiten